Gesundheitsreform
Seit vielen Jahren und Jahrzehnten wird an unserem Gesundheitswesen nun schon herumgedoktert, ohne dass die meisten Bürgerinnen und Bürger den Eindruck hätten, dass sich sein Zustand wesentlich verbessert habe. Im Gegenteil hat gerade die jüngste Gesundheitsreform die Meinungen über Ziele und Instrumente einer nachhaltigen Strukturreform heftiger aufeinanderprallen lassen als je zuvor. Von "Nachbesserungen" in der kommenden Legislaturperiode ist schon jetzt die Rede. In seinem Stichwortartikel zeigt Peter Bartmann Hintergründe und den aktuellen Stand eines voraussichtlich permanenten Reformwerks auf.
Nach einem historischen Abriss der Entwicklung des Gesundheitswesens in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Ende der 1970er Jahre zeigt der Autor, welche Kräfte die Entwicklung unseres Gesundheitswesens heute bestimmen: Der Sektor gesellschaftlichen und staatlichen Handelns, der Sektor der Wirtschaftsunternehmen wie etwa der Pharmaindustrie und der privaten Krankenhausträger, und schließlich der Sektor der Selbsthilfeorganisationen und Wohlfahrtsverbände sowie des bürgerschaftlichen Engagements. Kontrovers diskutiert werden gegenwärtig vor allem das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenversicherung und die jeweilige Beitragsgestaltung, die Konsequenzen der Bevölkerungsentwicklung (sogenannter demographischer Wandel) in Verbindung mit dem Fortschritt der Medizin, der Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung und Fragen der Primärprävention. Dabei geht es immer auch um die Frage, wie weit und in welcher Form in einem Solidarsystem gesundheitliche Ungleichheit toleriert werden darf. Die Probleme werden jeweils auch in ihrem europäischen Horizont beleuchtet. Unter "Evangelische Perspektiven" würdigt Bartmann die offiziellen Stellungnahmen der EKD und ihres Diakonischen Werkes, gibt einen gut verständlichen Überblick über aktuelle evangelische und katholische sozialethische Positionen in der akademischen Theologie und entwickelt eigene Vorstellungen.
